
Cartagena bis Ibiza
An dem Wind müssen wir ja noch ein bisschen arbeiten. Das funktioniert noch nicht so richtig zufriedenstellend. Als wir nach extra genauer Wind- und Abfahrtsplanung aus unserer kuscheligen Ankerstelle auslaufen, haben wir so starken Gegenwind, der so gar nicht vorhergesagt war, dass wir nur um die Bucht zu verlassen, 3 1/2 Stunden vertrödelt haben.
Das crasht unseren Zeitplan. So tritt kurzentschlossen Plan B in Kraft. Auf halber Strecke zum eigentlichen Ziel Mar Menor, liegt eine winzige geschützte Bucht. Da verkriechen wir uns bis morgen.
Am nächsten Tag sind wir dann gleich so übermütig, dass wir Mar Menor überspringen und die etwas weitere Insel Tabarca anlaufen. Wieder ist der Kühlschrank leer und ein paar frische Sachen wären nett. Die Insel ist mini, soll aber einen Laden und Restaurants haben. OK, Restaurants stimmt, die aber nur 10-16 Uhr geöffnet haben. Und einen Laden gibt es nicht.
Dann gibt‘s zum Frühstück wieder Müsli und wir machen uns direkt nach der missglückten Einkaufs-Mission weiter. Eigentlich war ein Tag Aufenthalt hier geplant, aber so toll ist es nicht. Außerdem sollte der unkooperative Wind die folgenden Tage wieder nur entgegen kommen. Da wollen wir so weit wie möglich sein.
Was uns traurig und wütend macht, immer wieder schwimmt Müll im Meer. Wenn wir unter Segeln sind, können wir oft nicht so rigoros den Kurs wechseln um hin zu kommen. Wenn wir unter Motor sind geht das und wir holen raus, was wir können.
Nächste Station Isla de Benidorm. Welch bizarrer Ort. Der Küste vorgelagert ist ein kleines Inselchen. Reine Natur, ein Vogelparadies. Da lagen wir an einer Boje, die Positonia Seegras Wiesen werden geschützt, indem man nicht ankert. Auf der gegenüberliegenden Seite Benidorm. Zwei, drei Kilometer ein Hochhaus am anderen. Mehr Wolkenkratzer als in Manhattan.
Eine Touristen Stadt, in der 60.000 Einwohner von insgesamt 70.000 im Tourismus arbeiten. Mit 16.000.000 Übernachtungen pro Jahr. Man sieht es und kann es trotzdem kaum glauben. Das Inselchen hat ein Café, wir freuen uns schon auf eine Abwechslung vom Pulverkaffee. Im Moment, als wir die Boje befestigen, wird (um 16:30 Uhr) das Café geschlossen. OK.
Die wage Hoffnung am nächsten Tag auf wenigstens ein Frühstück gegenüber, wurde dann von TripAdvisor zerstört. Öffnet um 10:00 Uhr. An manchen Tagen gibt es nichts zu Essen.
Also wieder Müsli und los Richtung Calpe, der vorletzten Etappe vor Ibiza. auf der Fahrt völlige Windstille, die Genua (das größere Vorsegel) dient lediglich als Alibi.
In Calpe war dann aber alles perfekt. Tolle Bucht, Tanken für 570€ 🫨, Einkaufen, Kaffee, Essen gehen. Rundum zufrieden.
Jetzt nur noch eine kurze Strecke zum Cap Negre. Es ist Sonntag und in der Bucht Andrang wie am Baggersee. Von unserem ersten Platz werden wir von den Rangern vertrieben, obwohl laut Karte Ankern erlaubt ist. Positonia Gras. Theoretisch darf man den Anker und die Kette auf den Sand zwischen den Grasmatten legen, aber in der Praxis legen sich 30 Meter 10 mm Edelstahl Kette da hin, wo sie wollen, weil der Wind das Schiff ja bewegt. Also umankern, ist ja nur bis morgen früh.
5:00 Uhr Abfahrt Richtung Ibiza. 52 Seemeilen. Obwohl das Starten im Dunklen gar nicht so dramatisch ist, noch sind wir alles andere als routiniert.
Aber der erste Silberstreif am östlichen Horizont, wenn sich langsam der Morgen ankündigt. Die erste Rosa-Färbung der Wolken, bevor erst ein paar Srahlen sichtbar werden, bevor die Sonne kommt. Magisch.
Wir müssen ganz nah an einem Verkehrstrennungsgebiet vorbei, einer Art Autobahn für die Berufsschifffahrt mit Fahrstreifen. Da kann man Pötte sehen. Dagegen sind wir eine Nussschale. Und bemerkenswert, zweimal hat so ein Mega Schiff für uns den Kurs geändert. Ja, die Vorfahrtsregel besagt, Segel vor Motor, aber, dass auf offener See nicht Größe zählt, toll.
Um 1/2 fünf sind wir dann glücklich da. Anken wieder zweimal. Von nun an ist mehr los in den Buchten.
Jetzt erstmal ein Käffchen und ein bisschen chillen. Es ist erstaunlich und zu Beginn überraschend gewesen. So eine 12 Stunden Fahrt schlaucht einen. Obwohl man eigentlich gar nicht so viel macht. Ein Teil der Erklärung ist vermutlich noch unsere mangelnde Entspannung wegen der fehlenden Erfahrung. Man ist jede Minute aufmerksam. Obwohl am Horizont nichts zu sehen ist, obwohl das AIS (eine Art Radar zur Schiffserkennung und Kollisionsverhütung) nichts anzeigt, man guckt sich trotzdem die ganze Zeit die Augen aus dem Kopf. Müsste das Segel doch ein bisschen besser getrimmt sein? Klingt der Motor komisch? Der Körper muss nonstop die Schiffsbewegungen ausgleichen. Wie Faszientraining. Immer sind alle Muskeln in Bewegung. Wenn Wellengang ist sogar beim Schlafen.


