Published On: 29. April 2024Categories: Unser Abenteuer

Kraftakt

Es ist schön, sich mit erfahrenen Seglern auszutauschen, man profitiert von ihrem reichen Wissensschatz und bekommt so viele nützliche Infos. Und, … man wird auf einmal ein bisschen übermütig. Mit Martin und Gabriele von der SV Godelief, sowie mit Andreas und Christine von der SV Cocon, hatten wir seit Rota oft die Gelegenheit, über Wetter, Törnplanung und vieles mehr zu fachsimpeln. Sie hatten uns auf die Idee gebracht, in einem Rutsch die Strecke nach Gibraltar weg zu segeln. Das hatten wir gar nicht auf dem Schirm. Entsprechend schwierig wäre es gewesen, zwei aufeinander folgende Wetterfenster zu bekommen. Und die Tour hat gut funktioniert.

Jetzt wollten wir ja alle weiter. Die vier hatten vor, die Strecke Gibraltar-Cabo de Gata in einer Tag Nacht Tag – Fahrt abzuwickeln. 175 Seemeilen. Au Backe, das ist ja dolle weit, aber, wenn die meinen, das ist machbar. Der Abschnitt ist ja nur so semi attraktiv, man verpasst also nichts, im Gegenzug hätte man aber ordentlich Strecke gemacht.

Alle drei Crews analysierten nun das Wetter, um den idealen Abreisetag zu bestimmen. Samstag sollte es sein. Wir fuhren wieder zeitiger ab, weil: 1. Trödelliesen uns 2. mussten wir noch tanken. Dieselpreis in Gibraltar 1,16€ (für alle, die mal ein bisschen weinen wollen).

Frau Greenhorn-Seglerin, etwas übermotiviert, schlägt am Ausgang der Bucht dann schonmal das Großfall an (die Leine, die das Großsegel hochzieht), vergisst dabei aber es durchzusetzen (stramm zu ziehen). Also, sorgen Wind und Wellen dafür, dass ebenso Frau Greenhorn-Seglerin nach Verlassen der Bucht auf den Mast klettern darf, um das verhedderte Fall, das sich um Sarling (am Mast angebrachte Metallstrebe, die – paarweise am Mast angebracht ist, um die Wanten vom Mast abzuspreizen) und Deckslampe gewickelt hat, wieder zu entwirren. Bei strömendem Regen, Wind und Welle.

Nun gut, jetzt aber wirklich los. Segel gesetzt und in Richtung Ost Nordost. Nachmittags frischt der Wind dann ordentlich auf und wir haben alle Hände voll zu tun, Segel zu wechseln, zu reffen, Leinen zu tauschen, Bullenstander für das Großsegel zu tauschen, Seiten zu wechseln.

Inzwischen hat sich 2,5 Meter Welle aufgebaut. Da die Segel-Richtung der Wind und das Ziel vorgibt, kann man auf die Richtung der Welle nicht immer vollen Einfluss nehmen. Wir werden durch die Gegend geschaukelt wie verrückt.

Jörg füttert zwischendurch immer mal die Fische und ich wünsche mir in der einen oder anderen Minute den Bauernhof zurück.

Dann kommt die Nacht, der Wind bleibt bei 18-20 Knoten, die Dünung wird nicht weniger. Doch, wir machen viel weniger Strecke als berechnet, die Wellen bremsen bei jedem Eintauchen ins Wellental).

Abwechselnd Ruderwache, starren in die Dunkelheit, festhalten, Kurs korrigieren. Zwischendurch muss Jörg eine Stunde per Hand steuern, weil der Autopilot die Welle nicht ausgleichen kann. Immer wieder habe ich Angst. Schlafen, immer abwechselnd, jeweils eine Stunde, dazwischen mal zwei Stunden beide an Deck.

Um sieben wird‘s hell und wir sind nach knapp 24 Stunden noch gar nicht mal so weit. Jörg geht es immer schlechter. Er macht zwar zwischendurch mal Ruderwache, aber muss immer wieder innen liegen, Augen zu.

Ich rechne und überprüfe den Kurs. Wenn wir diese Geschwindigkeit beibehalten, inzwischen ist noch nicht einmal mehr Wind, nur noch Welle. Also, wenn wir weiter so fahren, kommen wir in die nächste Nacht.

Wir müssen den Motor mit mehr Speed mitlaufen lassen, müssen auf mindestens 6 Knoten im Durchschnitt kommen, um noch bei Helligkeit anzukommen. Der Wind bleibt weg. Jede Stunde überprüfe ich die zurückgelegte Strecke und die Distanz, die wir noch haben. Korrigiere auf den optimalen Kurs.

Inzwischen ist auch mir übel. Die Anspannung, wahrscheinlich zu wenig gegessen und getrunken. Das Geschaukel hilft auch nicht gerade.

Dann ist es halb vier nachmittags. Schon über 30 Stunden auf der Uhr. Die Chancen stehen 70:30, dass wir es vor Einbruch der Dunkelheit schaffen.

Man hat viel Zeit nachzudenken. Da haben wir uns wohl für den Anfang ein zu großes Stück vom Kuchen abgebissen. Spaß hat das nicht gemacht. Es wird wohl erstmal wieder kleinere Strecken geben, vor der nächsten großen Strecke.

Aber, spannend wird‘s bleiben. Da bin ich sicher.

Ach ja, wir haben‘s gerockt. Im Hellen angekommen.

 

One Comment

  1. Markus 18. Mai 2024 at 9:33 - Reply

    Krass,krass, Leute! Schön,dass der Kopf inzwischen wieder so frei zu sein scheint, dass wir Landeier an diesem spannenden Wegstück teilhaben dürfen! Für die Fische ein guter Tag, Festmahl!

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